"Der Liebhaber" ist eine Literaturverfilmung der gleichnamige Romans von Marguerite Duras . Regie führt Frankreichs Kultfilmer Jean- Jaques Annaud. Da ich Duras Buch nicht gelesen habe, kann ich keine Vergleiche zwischen Roman und Film anstellen und beziehe mich in meiner Rezension ausschließlich auf den Film. Die Handlung spielt in Vietnam in den 20er Jahren, wie man der Kleidung der Französinnen und den wenigen Autos, die man auf der Leinwand sieht, entnehmen kann. Vietnam war zu diesem Zeitpunkt französische Kolonie.
In der Eingangssequenz der Films sieht man ein junges, weißes Mädchen( Jane Marche), das auf einem Schiff auf dem Mekong reist. Es ist sehr zart, auffallend hübsch, hat hellwache Augen und zählt noch keine 16 Jahre. Das Mädchen steht an der Reling. Es trägt über seinen zu Zöpfen geflochtenen Haaren einen Männerhut. Aufgrund seines Schmollmundes wirkt es trotz seiner Kindhaftigkeit sehr sinnlich. Mit seinem wollweißen Leinenkleid und den strassbesetzte Schuhen mit relativ hohen Absätzen verkörpert es optisch eine Lolita- ähnliche Kindfrau.
Das Mädchen ist auf dem Weg zum Gymnasium nach Saigon. In dieser Stadt wohnt es in einem streng bewachten Mädchenpensionat. Seine französische Mutter und seine beiden Brüder leben auf dem Land, wo seine Mutter als Lehrerin tätig ist. Die Familie ist beinahe mittellos, weil man seine Mutter um ihr Geld betrogen hat und die Einkünfte, die sie als Lehrerin verdient bei dem ältesten Sohn verschwinden, der opiumsüchtig ist. Das Mädchen leidet unter dieser Familie. Es verachtet seine Mutter wegen ihrer Nachgiebigkeit dem ältesten Sohn gegenüber, den das Mädchen hasst. Es wünscht sich ein anderes, ein weniger hoffnungsloses Leben und möchte später Schriftstellerin werden, keinesfalls aber Mathematiklehrerin wie seine Mutter.
Auf dem Schiff begegnet ihm ein sehr gepflegt aussehender, junger Chinese( Tony Leung La-fei). Er trägt einen weißen Anzug, sehr gute Schuhe und ist offensichtlich der Besitzer der Limousine mit Chauffeur, aus der er aussteigt, um sich mit dem hübschen Mädchen zu unterhalten. Der Chinese ist 32 Jahre alt, Junggeselle, kommt gerade aus Paris und ist auf dem Weg zu seinem Vater, einem reichen Kaufmann aus China. Obschon die Chinesen in Vietnam als Kaufleute das Monopol haben, werden sie von den französischen Kolonialherren als Menschen 2. Klasse betrachtet und eigentlich dürfte das, was in der Folge zwischen den beiden Personen geschieht, sich gar nicht ereignen, weil es den gesellschaftlichen Gepflogenheiten völlig widerspricht.
Der Chinese lädt das Mädchen dazu ein sich in seiner Limousine zu Schule fahren zu lassen. Während der Fahrt dorthin unterhalten sich die beiden und berühren sich beinahe zufällig an den Händen. Das Mädchen ist von dem jungen Mann und möglicherweise auch von dessen Reichtum sehr angetan, fährt wenige Tage nach seiner ersten Begegnung mit ihm in eine seiner Wohnungen. Der Chinese erklärt ihm, dass sein Vater ihm diese Wohnung als Liebesnest eingerichtet habe, damit er sich hier mit seinen Geliebten treffen könne. Es sei üblich dass junge, reiche Chinesen mehrere Geliebte haben. Das Mädchen fordert den Chinesen auf mit ihm genau das zu tun, was er ansonsten mit seinen Geliebten mache.
Der junge Mann zögert, weil er befürchtet sich zu verlieben, woraufhin die Initiative von dem Mädchen aus geht. Der Chinese defloriert schließlich mit viel Einfühlungsvermögen das zarte Geschöpf. In dieser Nacht schlafen die beiden noch vielmals miteinander bei, weil ihre beiden Körper nacheinander verlangen, das gegenseitige, unbändige Begehren seinen Anfang nimmt. Die Beischlafszenen sind ganz unglaublich ästhetisch und dabei sehr erotisch dargestellt, ohne eine Spur pornographisch zu wirken.
Die Erzählerin im Hintergrund, die die Gedanken des jungen Mädchens in der Retrospektive verbalisiert, spricht immer wieder von der zarten Haut des Chinesen und von den feinen Facetten seines körperlichen Seins, die wohl eher die weibliche Seite an ihm verkörpern. Ganz offenbar fühlt sich das Mädchen genau davon angezogen, ganz offensichtlich ist diese Zartheit der Grund, weshalb diese blutjunge Zarte sich dem wesentlich älteren Mann bereitwillig öffnet. Er ist ihr aufgrund seiner Zartheit vertraut. Zwischen den beiden entwickelt sich während der dann folgenden Begegnungen, innerhalb derer sie immer wieder ihrer Lust frönen, eine tiefe Freundschaft. Sie berichtet ihm von dem Elend in ihrer Familie. Er erzählt ihr, dass er eine reiche Chinesin heiraten wird. Auch sagt er ihr, dass er sie niemals heiraten könne, weil sie keine Jungfrau mehr sei.
Dennoch bittet er seinen Vater um Erlaubnis das junge Mädchen anstelle der reichen Chinesin zu ehelichen, weil er das weiße Mädchen grenzenlos liebt. Der Vater akzeptiert diese Verbindung nicht, ihn berührt die tiefe Liebe seines Sohnes nicht.
Der Sohn unterwirft sich schließlich dem Willen seines Vaters, weil er von ihm materiell völlig abhängig ist. Er erzählt dem Mädchen später von diesem Gespräch. Es entgegnet lapidar, dass die Entscheidung seines Vaters sinnvoll sei, denn es liebe ihn nicht und hätte sich früher oder später ohnehin von ihm getrennt. Die junge Französin kennt das Gefühl der Liebe nicht. Sie ist ohne Liebe aufgewachsen. Sie weiß das was zwischen ihr und dem Chinesen geschehen ist nicht zu deuten. Als sie wenig danach erneut an der Reling eines Schiffes, das sie diesmal nach Frankreich bringen soll steht, nimmt sie die Klänge von Chopin wahr. Sie lauscht der Musik und jetzt beginnt sich ihr Herz zu weiten. Nun weint sie unsäglich , weil ihr bewusst wird, was dieser Mann ihr wirklich bedeutet....
Der mit Abstand beste Liebesfilm, den ich in meinem Leben gesehen habe. Die beiden Hauptdarsteller spielen ihre Rollen überzeugend. Die Dialoge sind ausgefeilt und regen zum Nachdenken an. Die filmische Leistung ist hervorragend, insbesondere, was die Darstellung der Beischlafsszenen anbelangt. Toll gemacht.
Die Bild- und Tonqualität sind bestens.
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